Sexuelle Liebe in der
Superehe



Einführung




Dieses Buch bildet den ersten Teil einer Triologie. Der Band behandelt die sexuelle Basis der Ehe und will zur Verbesserung der betreffenden Beziehungen die anziehenden Kräfte in der Ehe verstärken.

Dieser erste Band hat die Physiologie der ehelichen Beziehungen zum Gegenstand, weil ihre Kenntnis die Grundlage für Wissenschaft und Praxis bildet. Das Buch versucht unter anderem, den Liebespartnern, die der ärztlichen Hilfe nicht bedürfen, insofern zu helfen, als es ihnen die hier besprochenen, von manchen ungeahnten Möglichkeiten zur Erreichung des partnerschaftlichen Glücks aufzeigt.

Der Ausdruck "Superehe" bezieht sich auf eine vollkommenere Ehe (im Vergleich zur bisherigen). Der Titel sollte nicht so verstanden werden, als käme ausschließlich dieser Faktor in Betracht.

Da das Buch vieles anspricht, was man ansonsten nicht auszusprechen pflegt, wird es mir manche Unannehmlichkeiten einbringen. Das weiß ich, weil ich meine Mitmenschen und ihre Art,  das Ungewohnte zu verpönen, allmählich kenne.

Aus diesem Grunde konnte ich es auch nicht eher schreiben; solange ein Arzt den Forderungen seiner Praxis Rechnung tragen muss, kann er es sich nicht erlauben, auszuscheren.

Wer sich aber frei gemacht hat - wer nun sagen darf, was er für gut und richtig hält, hat auch die Pflicht, dies zu tun.

Deshalb muss ich niederschreiben, was ich als richtig erkannt habe; zu viel vermeidbares Leid wird gelitten, zu viel Freude wird versäumt, die das Lebensglück erhöhen würde.

Ich habe jetzt für diese Arbeit das richtige Alter und die genügende Vorbereitung. Als Wissenschaftler, der sich über ein Vierteljahrhundert den theoretischen und praktischen Fragen gewidmet hat; als Vertrauter vieler Männer und Frauen; als Mensch, dem nichts Menschliches fremd ist; als Ehemann, der Glück und Leid der Ehe empfunden hat; als Fünzigjähriger schließlich, der zu alt geworden ist, um noch Jugenddummheiten zu begehen, aber zu jung geblieben ist, um "wunschlos" zu sein.

Die angedeuteten Unannehmlichkeiten könnte ich mir durch die Verwendung eines Pseudonyms ersparen. Ich muss darauf aber verzichten, weil ich für wissenschaftliche Auffassungen mit meinem wissenschaftlichen Namen geradezustehen habe, und auch, weil Ratschläge, die im Grunde genommen eine sittliche Bedeutung haben, durch Erteilung unter Anonymität an Wirkung einbüßen würden.

So werde ich solche Verdrießlichkeiten aequo animo hinnehmen, in der Überzeugung, dass manche - auch wenn sie es nicht sagen mögen - in der Stille ihres ehelichen Schlafzimmers ein Dankeswort murmeln werden.

Val Fontile, Juni 1923

Dr. Th. H. van de Velde


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Weiter (Einleitung)

aequo animo = gelassen, leidenschaftslos


Val Fontile liegt in der Nähe von Lugano.

Van de Velde zog sich nach dem aktiven Berufsleben als Frauenarzt und Direktor einer Frauenklinik auf ein Anwesen in der Schweiz zurück, wo er am 27. April 1937 verstarb.