Sexuelle Liebe in der
Superehe



Teil 2: Besondere Geschlechtsphysiologie und Anatomie




Kapitel 3:
Geschlechtsphysiologie der erwachsenen Frau

1. Einleitung und thematische Beschränkung

Die äußeren Geschlechtsorgane

Wenn Sie der Überschrift genügend Beachtung schenken, werden Sie sich sofort darüber im Klaren sein, dass sie keineswegs eine vollständige Abhandlung über die Geschlechtsphysiologie der Frau verspricht, sondern das Thema bedeutend einschränkt.

Tatsächlich haben wir uns im Rahmen dieses Buches nur mit der verheirateten Frau zu beschäftigen, wodurch der unentwickelte Körper und die Pubertätszeit aus unseren Betrachtungen wegfallen. Auch Schwangerschaft und Wochenbett gehören nicht hierher und werden nur gelegentlich einbezogen.

Weiter hätte es keinen Sinn, an dieser Stelle eine möglichst lückenlose Darstellung der sexuellen Phsysiologie der erwachsenen Frau zu geben. Sie würde zu viel Raum beanspruchen, für den Laien größtenteil unverständlich und für den Arzt überflüssig sein.

Ich werde mich folglich darauf beschränken, der Leserschaft die nötigen Einblicke in diejenigen Gebiet der Lehre von den normalen spezifisch-sexuellen Lebensverrichtungen der erwachsenen Frau, welche für das Verständnis der Physiologie und Technik der Ehe Vorbedingung sind zu verschaffen.

Dass es hier - wie überall in der Wissenschaft - manchen strittigen Punkt gibt und manche klärungsbedürftige Frage gibt, will ich nicht wegdiskutieren. Doch auf Kontroversen einzugehen, würde nur verwirren.

Ich lege deshalb den Zusammenhang der infrage kommenden Erscheinungen so dar, wie ich ihn nach dem jetzigen Kenntnisstand und aufgrund eigener Untersuchungen und Erfahrungen sehe. Zweifelsohne werden sich nicht wenige unserer derzeitigen Auffassungen im Laufe der Zeit auch wieder ändern müssen. Allerdings glaube ich nicht, dass die praktischen Ergebnisse meiner jetzigen Betrachtungen bedeutende Einbuße erleiden werden.


Wer etwas von der Physiologie bestimmter Organe verstehen will, muss einen gewissen Begriff von ihren anatomischen Verhältnissen haben. Dies möchte ich meinen Lesern ermöglichen, indem ich die Verhältnisse anhand von schematischen Zeichnungen klarzulegen versuche, wobei ich sofort auf die Funktion der verschiedenen Organe eingehen und die Bedeutung einzelner Stellen für die Praxis des Lebens hervorheben werde.

Bei den Zeichnungen findet man die deutschen und lateinischen Namen (unterstrichen). Sofern halblateinische Fachausdrücke die gebräuchlichen sind, habe ich diese angegeben. Im Text werden wir die verschiedenen Benennungen durcheinander verwenden, oft aber vorzugsweise von den lateinischen Ausdrücken Gebrauch machen, weil sie in der ärztlichen Sprache die geläufigsten sind und bei der Besprechung mancher Dinge das Gefühl am meisten schonen.


Die weiblichen Geschlechtsorgane werden in innere und äußere  unterschieden.

Die äußeren Geschlechtsorgane sind diejenigen, welche man zu Gesicht bekommt, wenn bei der liegenden Frau die Beine und die großen Schamlippen gespreizt werden.

Sie sind in Abbildung I (s. Schautafel 1) dargestellt. Dabei muss ich sogleich bemerken, dass diese Zeichnung nicht allein des besseren Verständnissen halber schematisiert ist, sondern vor allem, weil diese Verhältnisse ziemlich starken individuellen Schwankungen unterliegen. So besteht z.B. ein großer Unterschied in Umfang und Ausdehnung der kleinen Schamlippen, in der Form des Jungfernhäutchens usw.

Spreizt man die mehr oder weniger wulstigen, an ihren Außenseiten behaarten Labia maiora (großen Schamlippen), welche bei Frauen, die nicht geboren haben, gewöhnlich aneinanderliegen, mit den Fingern und öffnet dadurch die Schamspalte (Vulva), so kann man die verschiedenen übrigen Teile der äußeren Geschlechtsorgane in der Hauptsache sehen. Dabei fällt das Augen zuerst auf die Labia minora, die kleinen Schamlippen), welche oft wirklich ziemlich klein sind. In der Zeichnung sind diese dunkel schraffiert (Nr. 10), um sie von der heller gehaltenen Innenfläche der großen Schamlippen (Nr. 7) abzuheben.

 Die kleinen Schamlippen sind durchschnittlich 25 bis 35 mm lang, bei 8 bis 15 mm Höhe und 3 bis 5 mm Dicke. Sie verlieren sich nach hinten oder gehen mehr oder weniger deutlich in einen schmalen Saum über, der sie hinter dem Scheideneingang miteinander verbindet. Dieser Saum, Frenulum labiorum (Schamlippenbändchen, Nr. 17) verschwindet durch häufigen Geschlechtsverkehr gewöhnlich. Nach vorne verschmälern sich die Labia minora und kommen an der Basis der Clitoris (des Kitzlers) zusammen in das Frenulum clitoridis (Kitzlerbändchen, Nr. 6).


Die Clitoris (der Kitzler, Nr. 5, dunkel schraffiert), welche das am meisten vorne in der Schamspalte gelegene Organ ist, besitzt an ihrer Spitze eine Eichel (Glans clitoridis), die meistens frei zwischen den oberen Teilen der großen Schamlippen liegt.
Der noch weiter vorne gelegene Schaft des Organs (in der Zeichnung dunkel), ist von einer hautartigen Gewebsfalte, dem Praeputium clitoridis (Vorhaut des Kitzlers, Nr. 4, mit 5 schwarzen Bogenlinien angegeben) verdeckt, sodass er dem Auge nur als leichter Wulst erscheint. Bei Betastung lässt er sich bequem gegen das unterliegende Schambein durchfühlen.

Die Vorhaut, welche in manchen Fällen, besonders bei nicht vollentwickelten Individuen, auch die Glans clitoridis bedeckt, lässt sich leicht zurückziehen, sodass dann die Eichel bloßkommt. Über den Schaft lässt sich das Praeputium wohl verschieben, aber nicht zurückziehen.

Die Clitoris, welche - wie aus Abbildung II (Schautafel II, Nr. 27, quergestreift) zu ersehen ist, ein nach unten gekrümmtes Gebilde darstellt, das an der Symphysis (Schambeinverbindung) festsitzt, ist ein ausschließlich der Wolllust dienendes Organ. Dementsprechend ist sie besonders reich mit Nerven ausgestattet, die dicht unter der Oberfläche der Eichel ihre überaus zahlreichen Endungen haben, welche sich in ganz hervorragender Weise für die Aufnahme von Reizen eignen.

Am empfindlichsten ist die unter Seite, dort wo sich das Kitzlerbändchen (Frenulum clitoridis) anhaftet, sowie der betreffende Teil dieses Bändchens selbst.

Schon die leichteste Berührung dieser Stelle - und besonders die leise Berührung - löst Wolllustgefühle aus.

Weiterhin ist der Bau der Clitoris durchaus dem Zweck des Organs angepasst, indem es, wie das Geschlechtsglied des Mannes, dessen Homologon es darstellt, aus einem Blutgefäßgewebe besteht, dessen Eigenart es ist, sich durch vermehrte Blutzufuhr, bei verminderter Blutabfuhr, zu vergrößern und zu versteifen.

Dieser Vorgang, Erektion genannt, welcher infolge von körperlicher oder psychicher sexueller Reizung zustande kommt, lässt die Clitoris ungefähr anderthalbmal so groß werden, als sie in nichtgeschwelltem Zustand ist. Dabei zieht sich die Vorhaut zurück und die Eichel entblößt sich etwas mehr, sodass sie mechanischen Reizen stärker ausgesetzt ist. Gleichzeitig vergrößert sich der in Abbildung II sichtbare Winkel ein wenig, und es findet eine kleine Erhebung und Vorwärtsstreckung des Organs statt, durch welche die Reizungsmöglichkeit noch weiter verstärkt wird. Zu einer wirklichen Aufrichtung, entsprechend der Erektion des Penis, ist die Clitoris aber nicht fähig. Überhaupt besitzt das männliche Organ auch relativ ein größeres Anschwellungsvermögen; dafür ist aber der Kitzler noch reichlicher mmit Nervenendungen versehen und noch leichter reizbar als der Penis.

Von Bedeutung ist, dass (wie die übrigen Geschlechtsorgane) die Clitoris erst nach längerer Dauer des regelmäßigen Geschlechtsverkehrs zu voller Entwicklung und definitiver Größe gelangt. Immerhin kann der Kitzler auch bei einer Jungfrau schon zu vollständigem Wachstum kommen, wenn sie selbst das Organ durch Reibungen und dergleichen reizt.
Zwischen der Eichel des Kitzlers und seiner Vorhaut befindet sich zu beiden Seiten des Frenulum (also im unteren Teil des in Abbildung I weiß gelassenen Abschnitts) der Saccus praeputialis, das Vorhautsäckchen.

In diesm Säckchen, zwischen den Falten der Vorhaut, sammelt sich das Smegma clitoridis, eine von den dort befindlichen Talgdrüsen abgesonderte weiche Schmiere, die sich, sofern sie nicht entfernt wird, endickt, sodass sie schließlich fast bröcklig wird.

 Diesem Talg kommt eine ziemlich große Bedeutung zu, auf welche viel zu wenig hingewiesen wird. Sie beruht auf dem Gehalt an Verbindungen der Fettsäurenreihe, u.a. der Valeriansäure, der Kaprinsäure und besonders der Kaprylsäuregruppe.

Was das heißen will, wird auch dem Laien klar, wenn er weiß, dass derartige Verbindungen einerseits angenehme spezifische Gerüche aufweisen (z.B. ananasartig), andererseits für den Geruch von faulendem Käse und von Fußschweiß verantwortlich sind, und dass sie sich leicht zersetzen, wobei ein zuerst angenehmer Geruch in einen sehr unangenehmen übergehen kann.

Für das Smegma clitoridis will das besagen: Von ihm ist der spezifisch weibliche Genitalgeruch, die persönliche Nuance einbegriffen, größtenteils abhängig.

Man kann ihm also eine gewissermaßen wichtige, nützliche Funktion nicht absprechen, weil dieser Geruch - sofern er nicht aufdringlich ist und nicht unglücklicherweise eine unangenehme persönliche Nuance hat - die Geschlechtsgefühle des Mannes in einer für die Frau günstigen Richtung beeinflusst.

Sammelt sich aber dieser Talg an (und wenn man ihn sehen kann, ist definitiv bereits zu viel davon vorhanden), wird der normale Geruch dadurch zu stark - oder, schlimmer noch, entwickelt sich durch die (schon sehr bald eintretende) Zersetzung ein anormaler, bestimmt hässlicher Geruch, so tritt eine sehr ausgesprochene gegenteilige Wirkung auf die Gefühle des Mannes ein: er empfindet eine abstoßende Beeinflussung seines Begehrens der Frau gegenüber.

Die Zersetzung nimmt ein noch ungünstigeres Gepräge an, wenn infolge von Unreinlichkeit eine Mischung mit Resten von Harn, Blut, Sperma oder gar Kot auftritt, wobei die in diesem Amalgam übig vegetierenden Fäulnisbakterien nicht unbeteiligt sind.

Nicht allein durch diese abstoßende Geruchswirkung aber wirkt der sich zersetzende Talg ungünstig ein. Die Produkte der erwähnten chemischen Umsetzungen sind auch ranzig scharf und vermögen einen Entzündungsreiz auf die Gewebe, mit denen sie in Berührung sind, auszuüben und Röte, Schwellung und wässerige Absonderungen hervorzurufen. Während die letztgenannte Erscheinung zu neuer und weiterer Zersetzung Veranlassung gibt, bewirkt die Entzündung der Gewebe Jucken und Schmerzen mit all ihren üblen Folgen, auch mit Hinblick auf den Geschlechtsverkehr.

Die regelmäßige baldige Entfernung des Clitoris-Talges ist also unumgänglich notwendig!

Gegen diese Regel wird viel gesündigt, nicht nur von unreinlichen Frauen, auch von denen, welche sonst auf viel auf Reinlichkeit und Toilette achten.

Die besprochene Schmiere befindet sich an der Innenseite der Vorhaut. Auch an ihren äußeren Seiten, in den beidseitigen Rinnen zwischen großen Schamlippen und Vorhaut, sondern die Talgdrüsen Smegma ab. Ebenso kann man es in der Tiefe der Falten zwischen den kleinen und großen Schamlippen finden. Es trägt dort nicht einen so spezifischen Charakter wie der erstbeschriebene, hat aber doch in jeder Hinsicht gleichartige Bedeutung. Glücklicherweise lässt es sich bequemer entfernen, sodass schon eine arge Unreinlichkeit bestehen muss, wenn man es an diesen Stellen auffindet.


Bei der weiteren Betrachtung der Vulva haben wir zu erwähnen, dass derjenige Teil, welcher zwischen den Ansätzen der gespreizten kleinen Schamlippen, hinten vor dem Frenulum laborium (Schamlippenbändchen, Nr. 17) begrenzt sichtbar ist, Vestibulum vaginae (Scheidenvorhof) genannt wird. Er ist in Abbildung I mit Nr. 11 angedeutet.

In ihm befindet sich die eigentliche Geschlechtsöffnung, das ist der Introitus vaginae (leicht punktiert, Nr. 13), bei Jungfrauen teilweise durch das Hymen (Jungfernhäutchen, schraffiert gezeichnet, Nr. 15) abgeschlossen, und weiter vorne die viel kleinere Öffnung, welche die Mündung der Harnröhre bildet, das Ostium urethrae (der große dunkle Punkt, mit Nr. 8 bezeichnet), sowie die doppelseitigen Ausführungsgänge der kleinen und der großen Vorhofschleimdrüsen.
Reden wir zunächst von den Schleimdrüsen, deren Wichtigkeit sich nur die wenigsten Menschen vergegenwärtigen.

Zu beiden Seiten der Harnröhrenöffnung befindet sich, etwas nach hinten, eine ungefähr stecknadelgroße Öffnung, welche in den nach Alexander Skene benannten, gewöhnlich 1 bis 2 cm langen Ausführungsgang einer Schleimdrüse, die Glandula vestibularis minor (kleine Vorhofschleimdrüse, Nr. 9, doppelseitig) Zugang gibt.

Die Ausführungsgänge der großen Vorhofschleimdrüsen, Glandula vestibulares maiores, oder meistens nach ihrem Entdecker, Glandulae Bartholini (Bartholinische Drüsen) genannt, sind ebenfalls kaum sichtbar. Man findet ihre Mündungen als winzige Öffnungen, etwas nach hinten, zu beiden Seiten des Scheideneingangs, gerade in der Falte, die durch die Außenfläche des Hymen und die Innenfläche der kleinen Schamlippe gebildet wird. Reichen die Labia minora nicht so weit nach hinten, dass z.B. der in der Abbildung wiedergegebene Zustand besteht, so münden die Ausführungsgänge in den schmalen Saum, der sich dann zwischen Hymenrand und Basis der großen Schamlippen befindet. Ist das Hymen zerrissen, so liegt die Öffnung oft am Rande eines kleinen Rests dieses Häutchens. Mitunter sind die Mündungsstellen überhaupt schwer zu finden. Die Drüsen selbst, welche höchstens 1 bis 1,5 cm lang sind, liegen in der Tiefe, etwa 1 bis 1,5 cm vom Vorhof entfernt.

Große und kleine Schleimdrüsen arbeiten zusammen in der Sekretion eines vollkommen klaren, dünnen, sehr schlüpfrigen Schleimes, der in der Regel nur unter dem Einfluss sexueller (besonders auch psychischer) Reize abgesondert wird. In normalen Fällen ist diese Sekretion bei eintretender Bereitschaft zur Geschlechtsvereinigung gerade genügend, dass durch diesen Schleim, zusammen mit dem, welcher unter denselben Umständen in der Urethra (Harnröhre, Peniskanal) des Mannes abgesondert wird, eine genügend Schlüprigkeit des Scheideneingangs gewährleistet wird, um den Coitus richtig zu ermöglichen.

Dass bei ungenügender Funktion dieser Drüsen bei der Geschlechtsvereinigung Schwierigkeiten entstehen können, denen auf künstliche Weise abgeholfen werden sollte, liegt auf der Hand. Weniger bekannt sind die Fälle, wo die Schwierigkeit gerade in einer zu starken Absonderung liegt, wodurch beim Coitus kein genügender Reibungsreiz eintreten kann.


Während wird über das Ostium urethrae (die Harnröhrenöffnung) eigentlich nur zu sagen brauchen, dass sie gewöhnlich auf einem leichten Vorsprung gelegen ist und ziemlich große individuelle Unterschiede in Form und Weise aufweist, verdient der Introitus vaginae, der Scheideneingang, eine genauere Betrachtung.

An erster Stelle kommt dabei sein Teilverschluss in Betracht: das Jungfernhäutchen oder Hymen, ein Gebilde, das zwar in der Ehe normalerweise nicht mehr vorhanden ist, das aber bei der körperlichen Vollziehung der Ehe, d.h. beim ersten Coitus, eine nicht zu vernachlässigende Rolle spiel oder zumindest spielen kann.

Das Hymen bietet außerordentlich viele individuelle Verschiedenheiten, was Form und Ausdehnung angeht. In der Regel stellt es eine halbmondförmige, faltenartige, verdünnte Fortsetzung der hinteren Scheidenwand nach vorne dar, welche den Eingang der Scheide von hinten her zum großen Teil verschließt.

Doch kommen nicht selten andere Formen vor: ringförmige Jungfernhäutchen, solche mit zwei Öffnungen, oder auch siebartig durchbohrte.

Durch den Vollzug des ersten Beischlafs wird das Hymen unter normalen Umständen zerrissen oder mindestens an zwei Stellen eingerissen, nach links und nach rechts hinten, wobei gewöhnlich eine leichte, mitunter auch eine bedeutender Blutung stattfindet. Diese Zerreißung, welche fast immer mehr oder wenige Schmerzen mit sich bringt, geht unterschiedlich leicht vonstatten. Das ist (abgesehen von technischen Fehlern aufseiten des Mannes oder von zu großer Ängstlichkeit bei der Frau) von Ausdehnung, Dicke und Straffheit des Häutchens abhängig.

Was die Straffheit betrifft, so ist hervorzuheben, dass die Zerreißung des Hymen bei alten Jungfrauen infolge der allgemeinen Zähigkeit der Gewebe nicht selten auf gewisse Schwierigkeiten stößt. In Bezug auf die Dicke dieses Gebildes gibt es ebenfalls individuelle Schwankungen. Gewöhnlich beträgt sie an der Basis (dort, wo das Hymen mit der hinteren Scheidenwand verbunden ist) ein paar Millimeter und nach dem freien Rand hin nimmt die Dicke wieder ein wenig ab. Nie zeigt das Hymen die ihm im Volksglauben oft angedichtete Papierdünne!


Der Introitus vaginae (Scheideneingang, Nr. 13) ist in der Zeichnung der Deutlichkeit wegen als ein Loch dargestellt. In Wirklichkeit sieht man ihn nie als ein solches, es sei denn, man bringe die Frau in eine besondere Position, z.B. in Ellenbogenlage (wobei die Eingeweide durch ihre Schwere zurücksinken und im unteren Teil der Bauchhöhle ein negativer Druck entsteht) und halte die hintere Wand der Scheide zurück. Dann kann in die Vagina Luft eindringen, sie entfaltet sich, und man kann durch den Scheideneingang, der unter solchen Umständen zu einem richtigen Loch wird, in die Höhle hineinblicken.

Sonst öffnet sich der Scheideneingang nur, wenn irgendein Gegenstand, die aneinanderliegenden Wände auseinanderdrängend, Durchgang verlangt, sei es nun, dass dieser Gegenstand, z.B. ein Finger, ein männliches Glied oder ein Instrument, von außen nach innen vordringt, sei es, dass er in Form eines Kindes oder eines abnormen Scheideninhalts in umgekehrter Richtung passieren will.

Für gewöhnlich ist diese Öffnung also geschlossen, sowohl infolge der Elastizität ihrer Ränder und der Wirkung der sich dort befindlichen Muskelbündel, als durch das Andringen der untersten Teile der Scheidenwände.

Im Allgemeinen ist dabei die Sache so, dass bei Jungfrauen und bei Frauen, die noch nicht lange geschlechtlichen Verkehr hatten, die beiden erstgenannten Faktoren, zusammen mit dem Hymen oder seinen Resten, für einen völligen Verschluss genügend, sodass höchstens ein ganz kleiner Teil der vorderen Scheidenwand hinzukommt und sichtbar wird (in der Zeichnung schwarz gehalten, Nr. 12).

Bei länger verheirateten Frauen tritt meistens ein etwas größerer Teil der vorderen Scheidenwand zutage; nach der ersten Geburt akzentuiert sich das, und nach mehreren Geburten beteiligt sich auch der unterste Teil der hinteren Vaginalwand an dem Verschluss, was einerseits mit dem Verlust an Elastizität des Vulvovaginalrings (in Abbildung I als schwarze Umrandung des punktierten Feldes angedeutet) und der in Betracht kommenden Muskelbündel zusammenhängt, andererseits eine Folge der Neigung der Scheidenwände ist, tiefer zu treten.

Als Ursache dieser Veränderung sind die zahlreichen kleineren, mitunter auch größeren Zerreißungen zu betrachten, die auch in normalen Fällen bei der Geburt auftreten; unsichtbare Zerreißungen in den Geweben, welche die Vaginalwände umgeben, sichtbare (d.h. in der Regel nur in den ersten Tagen nach dem Gebären sichtbare) nach allen Richtungen, aber vorzugsweise nach hinten, verlaufende, die den Vulvovaginalring durchbrechen.


Dass einer dieser letztgenannten Risse, ungefähr in der Mitte nach hinten verlaufen, oft mehr durchtrennt als nur das Frenulum laborium (Schamlippenbändchen, Nr. 17), sodass es in das Perineum, den Damm (Nr. 18), eindringt, ist den Gebärenden hinreichlich bekannt.

Weniger oder gar nicht bekannt ist, dass ein Dammriss immer ein Scheidendammriss ist, d.h. dass die Scheide dabei in Mitleidenschaft gezogen wird. Wie groß die Bedeutung eines solchen Risses für ihre Zukunft sein kann, entgeht ihnen völlig. Die Frau und ihr Partner wissen, dass die Feststellung eines Darmrisses die Notwendigkeit einer Vernähung und damit eine neue Qual bedeutet. Sie wollen den Arzt nicht selten davon überzeugen, dies schnell und unauffällig zu erledigen, und oft gibt der Art nach, zumindest in dem Sinne, dass er die Naht möglichst unauffällig, in Seitenlage, ohne besondere Seitennaht und ohne Finessen macht.

Man sollte jedoch, einem Dammriss vorbeugend, mehr erreichen, als die Wiederherstellung eines ordentlich aussehenden Dammes, was man, auf diese einfache Weise vorgehend, meistes wohl auch erhält.

Die so erreichten Resultate genügen weder in funktioneller noch in kosmetischer Hinsicht; es bleiben oft kleine Vertiefungen bestehen, welche den Scheidenvorhoft besonders an der hinteren Seite mehr oder weniger entstellen. Der Scheideneingang ist erweitert und weniger elastisch, weil die darunterliegenden Gewebe nicht vollständig ausgeheilt wurden, und die Muskeln (die mit zerrissen waren und nicht genau wiederhergestellt wurden) können nicht mehr so kräftig und gut arbeiten, wie zuvor.

Doch gerade auch für das Geschlechtsleben - und für das Glück einer Ehe - kann die Bedeutung dieser Veränderungen groß  sein:

Der Coitus hat für beide Partner an Reiz eingebüßt.

Daraus ergibt sich die Forderung, jeden Scheidendammriss genau zu vernähen, d.h. in der Tiefe die zerrissenen Gewebe, besonders die Muskeln, möglichst wieder so aneinander zu bringen, wie sie zusammengehören, und auf die Naht von Scheidenwand und Damm ebenso viel Sorgfalt und Finesse zu verwenden, wie auf die Nähte, welche bei Operationen im Gesicht oder am Hals üblich sind. Anders gesagt: die Naht eines Scheidendammrisses soll ein nicht als etwas Nebensächliches erledigt wreden, sondern sie ist als richtige Operation aufzufassen, für die eine gute Technik, ein zu knappes Instrumentarium, eine erfahrene Assistenz, eine ausreichende Beleuchtung und eine genügende örtliche Betäubung unerlässliche Vorbedingungen sind. Von den Ärzten ist zu verlangen, dass sie diesen Anforderungen entsprechen, von den Frauen (und ihren Partnern), dass sie ihren Arzt eher um eine derartige Behandlung bitten, anstatt ihm seiner "Umständlichkeit" wegen Schwierigkeiten zu machen.


Noch kurz ein paar Worte zu einem paarigen Gebilde, das sich etwa in 1 bis 1,5 cm Tiefe zu beiden Seiten der Vulva und des Introitus vaginae, nahe an der Vaginalwand gelegen, befindet. Die Rede ist von den Vorhofzwiebeln.

 Diese Bulbi vestibuli bestehen aus weiten, dünnwandigen, schwammartigen Blutgefäßräumen, welche sich, ähnlich wie das schon beschriebene Gewebe der Clitoris, auf Reize geschlechtlicher Art (seien sie psychischer Natur oder von örtlicher Berührung ausgehend) prall füllen. Die vorderen Enden der Bulbi verschmälern sich stark und konvergieren in der Höhe des Clitoriswinkels. Nach hinten wird der Durchmesser größer, sodass der Bulbus (in nicht geschwelltem Zustand) etwa 0,5 bis 1 cm dick und 1 bis 1,5 cm breit ist (die Länge beläuft sich auf 3 bis 5 cm). Das hintere Ende ist abgerundet; es bedeckt von der Seite und oben her gerade die Glanduls Bartholini, reicht somit ungefähr bis an die hintere Scheidenwand. Sein unterer Rand liegt in der Basis der großen Schamlippe, sein innerer Rand grenzt an die kleine Schamlippe und hinten an die seitliche Scheidenwand. Beide Schwellkörper zusammen bilden somit ein den Scheidenvorhoft und den Scheideneingang umfassendes Hufeisen, dessen Öffnung nach hinten gerichtet ist.

Bei eintretender Schwellung der Vorhofzwiebeln werden die großen Schamlippen praller und dicker, und ihre Innenseite kommt mehr nach außen, wobei sie zu gleicher Zeit auseinandergehen, sodass sich die Vulva etwas öffnet; man sieht es den Organen an, dass sie von Blutfüllung förmlich strotzen, und die Coitusbereitschaft ist durch diese Erscheinungen auch örtlich auffallend wahrnehmbar. Das Hufeisen bringt eine weniger sichtbare als fühlbare, polsterartige Verengung des Introitus vaginae zustande, welche beim Coitus die Reibung verstärkt und die Reize für beide Beteiligten beträchtlich erhöht.


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Weiter (Die inneren Geschlechtsorgane)



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Schautafel I

Äußere weibliche Geschlechtsteile

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