Glaube und Gesundheit

von Orison Swett Marden
„Ich bin der Herr, der dich heilt!“ Exodus 15:26



Im Vergleich zur lebensspendenden enormen Wirkstärke, die ein jeder von uns in sich trägt, ist der Wirkstoffgehalt sämtlicher Arzneien in den Apotheken verschwindend gering. Auf nichts trifft der Spruch „Wie der Mensch in seinem Herzen denkt, so ist er“ mehr zu als auf seine Gesundheit.

Gesundheit können wir nur erlangen, indem wir das Gesundsein in unserem Denken halten. Ebenso, wie wir an Erfolg denken müssen, davon ausgehen müssen, ihn uns vorstellen müssen, um unser Bewusstsein in einen Erfolg anziehenden Magneten zu verwandeln, gilt analog für die Gesundheit, dass wir an Gesundheit denken müssen, von Gesundheit ausgehen müssen und sie uns vorstellen müssen, wenn wir gesund sein wollen.

Solange in unserer Vorstellung körperliche Beschwerden, Schwächen oder Krankheiten vorherrschen, und unser Bewusstsein mit Bildern von gesundheitlichen Problemen angefüllt ist, bleibt unserem Körper keine andere Wahl als diese zum Ausdruck zu bringen, da unser Körper lediglich eine Erweiterung unserer Gedanken ist. Er vergegenständlicht unser Bewusstsein.

Gesundheit beruht auf dem Ideal der Vollkommenheit des Körpers und der absoluten Verneinung von Krankheit, auf der Verneinung von allem, was kein Idealzustand ist. Sie beruht auf dem Konzept, dass in der höchsten Bedeutung des Wortes nur das, was für uns gut ist, real sein kann, und dass alle körperlichen Beschwerden nur eine Abwesenheit von Harmonie sind. Sie sind nicht unsere Realität, unser wahres Sein.
       
Der Arzt tut gut daran, seinem Patienten eine vollkommene Gesundheit zu suggerieren, sich ihn als völlig genesen vorzustellen und, soweit ihm das möglich ist, dem Bewusstsein seines Patienten ein Ideal von einer blühenden Gesundheit einzuprägen, statt ihn als einen kranken, anfälligen oder leidenden Menschen zu sehen.

Viele Ärzte räumen ein, dass „Quacksalber“ oder „Wunderdoktoren“ oftmals Heilerfolge erzielen, wenn ordentliche Ärzte nicht mehr weiterwissen. Doch oftmals erkennen sie das zugrundeliegende Prinzip nicht, nämlich die Fähigkeit, im Unterbewusstsein des Patienten die Vorstellung von körperlicher Gesundheit und Ganzheit aufzubauen und zu verankern.

Unabhängig davon, ob sich der Kranke an einen „Quacksalber“, einen „Heiler“ , einen „Medizinmann“ oder an einen regulären Arzt wendet, wird dem Patienten immer am besten geholfen, wenn der Medikus nach dem vorgenannten Prinzip vorgeht, da die schöpferischen Kräfte im Patienten immer bestrebt sind, dem Körper die Realität des vom Arzt vermittelten vollkommenen Vorstellungsbildes umzusetzen.


Ein Chirurg hat mir einmal gebeichtet, dass er an Patienten, die schon seit langem von der Erkrankung gewisser Organe ausgingen und nun an Angstzuständen sowie manchmal sogar an den Symptomen dieser Krankheiten litten, unzählige Male Scheinoperationen durchgeführt habe.

Wie er mir berichtete, wurde dabei genauso vorgegangen wie bei einer regulären Operation. Der Patient wird auf den Operationstisch gelegt, er wird in Narkose versetzt und manchmal wird auch die Haut etwas angekratzt, so dass es nach einer Operationswunde aussieht. Dann wird der Verband angelegt und der Patient bleibt die üblicherweise für solche Operationen vorgesehene Zeit im Bett. Danach ist er wohlauf und gesund.

Der Chirurg sagte mir, dass alle Patienten, die er auf diese Weise „behandelt“ habe, ohne Ausnahme von ihrer Obsession geheilt worden seien. Selbst in Fällen, in denen ein Patient darauf bestanden hatte, dass er seit Monaten unter Schmerzen gelitten habe, brachte eine solche Scheinoperation Abhilfe. Natürlich ließ der Arzt seine Patienten über diese Vorgehensweise im Dunkeln. Der Chirurg hielt diese Praxis ohne weiteres für vertretbar, da es ja seine Aufgabe sei, den Patienten bei einem möglichst geringen Risiko oder unter Vermeidung von Schaden gesund zu machen.


Ein anderer Chirurg, der in einem großen Krankenhaus tätig war, sagte, dass er an vielen Frauen, die sich ein bösartiges Geschwür oder ähnliche Karzinome eingebildet hatten, Scheinoperationen durchgeführt habe. Allerdings habe er sich zu diesem Schritt immer erst entschlossen, nachdem alle übrigen Versuche, die Damen von ihren Einbildungen abzubringen, gescheitert waren.

Einer der Fälle, der auf diese Weise geheilt wurde, betraf eine Frau, die davon überzeugt war, dass sie einen inneren Tumor habe. Sie war bereits vier Mal operiert worden, wobei ein Tumor beseitigt worden war. Sie hatte eine brennende Lampe umgestoßen, was einen Schock bei ihr auslöste, und glaubte nun, dass sich erneut ein Tumor gebildet habe. Nun könne ihr nur noch eine weitere Operation helfen. Da sie von diesem Irrglauben nicht abzubringen war, entschied sich der Arzt für eine Scheinoperation.

Die Patientin wurde auf den Operationstisch gelegt und man verabreichte ihr nur gerade so viel Narkosemittel, dass sie in einen Dämmerzustand gelangte. Sie konnte noch fühlen, aber nicht mehr sehen.

Die Chirurgen und Krankenschwestern huschten im Operationssaal umher, gaben den Assistenten Anweisungen und verhielten sich so wie bei einer normalen Operation auch. Man ließ vier oder fünf Minuten lang aus ziemlicher Höhe Eiswasser auf die betreffende Stelle tropfen, damit die Patientin den Eindruck erhielt, dass sie in einen Verband eingewickelt würde. Nach Abschluss der „Operation“ wurde sie in einem Rettungswagen nach Hause gebracht, und nach dem Aufwachen fand sie sich in Gesellschaft von zwei Krankenschwestern wieder. Als sie gefragt wurde, ob sie etwas Tee trinken wolle, erwiderte sie, dass sie sich matt und schlaff fühle. Die Krankenschwestern insistierten und schließlich nahm sie ein paar Schluck Tee zu sich. Die Patientin hütete zehn Tage lang das Bett. Danach durfte sie Besuche empfangen und erholte sich allmählich.

Obwohl bei diesem „Eingriff“ kein Skalpell benutzt wurde, glaubte diese Frau, dass sie wirklich operiert worden sei. Diese Überzeugung löschte die vorherige Überzeugung, wonach sie sich in einer gefährlichen Lage befände, wieder aus.


Noch interessanter ist der Fall einer jungen Frau, die ihren Kopf ständig hin und her bewegte. Sie erzählte ihrem Arzt, dass sich in ihrem Kopf ein Faden befände, der sie hin und her ziehe. Der Arzt konnte sie nicht davon überzeugen, dass sie sich das nur einbildete, und überwies sie schließlich an einen Chirurgen weiter.

Der Chirurg beschloss, sie zum Schein zu operieren, und als er ihr berichtete, dass man an einer Operation nicht vorbeikäme, war sie hocherfreut. Immerhin hätten andere Chirurgen diese Einsicht nicht gehabt, aber sie habe immer gewusst, dass sich ein Faden in ihrem Kopf befände, der herausoperiert werden müsse.

Der Chirurg versetzte sie in Narkose, rasierte ein Loch in ihr Kopfhaar und machte einen keinen Einschnitt, damit sie glaube, dass die Operation durchgeführt worden war.

Dann nahm er ein Stück von der E-Saite einer Geige, machte es geschmeidig, damit es wie eine Schnur aussah, und zeigte es der Patientin nach dem Aufwachen. Er erklärte ihr, dass die Operation erfolgreich verlaufen sei. Sie fühlte sich sofort besser.


Auch diese Scheinoperation beruhte auf demselben Placebo-Prinzip, das für so viele Heilerfolge verantwortlich ist. Wir haben es hier mit einer rein mentalen Behandlung zu tun, und die Heilung hängt von der Glaubensfähigkeit des Patienten ab. Er muss unerschütterlich an die Wirksamkeit des Eingriffs oder der Arznei glauben.

Wird dieser Glaube zerstört oder in Zweifel gezogen, so verliert das Heilmittel seine Wirkkraft. Ärzten ist sehr wohl bekannt, dass die Heilungschancen beinahe verschwinden, sobald der Patient Glaube und Hoffnung verliert. Das ist auch der Grund, warum sie möglichst lange warten, bevor sie dem Patienten sagen, dass es keine Hoffnung mehr gäbe.


Von der Heilung auszugehen, ist an sich bereits ein starkes Heilmittel. Mir fällt ein Mann ein, der jahrelang unter einer seltenen Krankheit gelitten hatte, für die es keine Abhilfe zu geben schien. Er hatte die Hoffnung beinahe schon aufgegeben, als er von einem ausländischen Arzt hörte, dem ein großer Ruf vorauseilte. Dieser Arzt habe bereits viele solcher Krankheiten erfolgreich geheilt und er würde demnächst in das Land kommen.

Der Mann las alles, was er in Fachzeitschriften und Zeitungen über diesen Arzt finden konnte und war schließlich davon überzeugt, dass er gesund werden würde, wenn er nur von diesem Wunderarzt behandelt werden könne. Obwohl der Mann relativ arm war, ließ er sich von den Behandlungskosten nicht abschrecken. Sein Glaube war so unerschütterlich, dass er sogar eine Hypothek auf sein Haus aufnahm und eine Reihe von Dingen verkaufte, um sich eine Behandlung durch diesen Spezialisten leisten zu können.

Als der Mann in die Stadt kam, in der sich der Spezialist aufhielt, war er gezwungen, eine Zeit lang zu warten, bevor er den Facharzt aufsuchen konnte. Der Glaube des Mannes war aber so groß, dass er beinahe schon genesen war, bevor er den Spezialisten überhaupt zu Gesicht bekam. Nach der Untersuchung eröffnet ihm der Spezialist, dass die Heilung garantiert sei, und der Mann war völlig beschwerdefrei, bevor er überhaupt sein Rezept erhalten hatte.


Der enorme psychologische Vorteil ist in diesem Fall unübersehbar. Das Unterbewusstsein des Mannes war perfekt darauf eingestellt, dass ihm durch die ärztliche Behandlung Abhilfe verschafft würde. Der Mann hatte nicht die geringsten Zweifel, dass er geheilt werden würde. Und genau das trat dann ein – als Folge seines Glaubens!

Diese Erfahrung haben sicherlich schon viele Menschen gemacht. Vielleicht waren sie lange Zeit bereits der Meinung, dass ihnen nur eine bestimmte Arznei helfen könne. Ihre Erwartungshaltung war so groß, ihre Hoffnung so stark und ihr Glaube so mächtig, dass ihre optimistische Einstellung ihnen schließlich zur Heilung verhalf.


Ich kenne zum Beispiel einen Mann, der seit Jahren unter Rheuma leidet. Seine Gelenke und viele andere Körperteile sind so geschwollen, dass er stark bewegungsbehindert ist. Er hat es mit allen möglichen billigen Mitteln versucht, die ihm seine Freunde empfohlen hatten, jedoch ohne große Hoffnungen oder Erwartungen.

Aber eines Tages war er Zeuge eines „Wundermittels“ geworden. Dieses Mittel war ziemlich teuer und für diesen Mann, der arbeitsunfähig war, war ein kleines Fläschchen beinahe unerschwinglich. Finanziell war er auf seine Frau angewiesen, die sich durch Wäschereien und gelegentliche Reinigungsarbeiten etwas Geld verdiente. Die Frau nahm zusätzliche Arbeiten an und so konnten sie schließlich eine Flasche dieses Wundermittels erstehen.

Seit Monaten hatte der Mann davon geträumt, was dieses Mittel für ihn tun könne. Er hatte sich vorgestellt, wie er kräftiger und beweglicher sein würde. Als die Frau schließlich ein Fläschchen dieses Zaubertranks nach Hause brachte, war die Wirkung genauso, wie er es sich erträumt hatte. Das, was er erwartet hatte, war eingetroffen!


Die Wirkung stammte nicht von dem inaktiven Mittel. Die Heilung wurde durch den Glauben des Mannes bewirkt. Ohne diesen Glauben hätte dieses Mittel nichts bewirkt. Sowohl auf Seiten des Arztes wie des Patienten muss der Glaube an die Genesung vorhanden sein. Der Glaube muss mit der Arznei einhergehen. Andernfalls hilft sie nichts.

Falls der Patient gegen den Arzt eingestellt ist oder er auch nur geringe Vorbehalte hat, oder falls er die Medizin für unnütz hält, wirkt er dem potenziellen Nutzen entgegen. Die erkrankten Zellen im Körper können nur durch die schöpferische Energie repariert werden. Das ist die Lebenskraft der Zellen, und diese muss durch Hoffnung, Glaube und eine mentale Vorwegnahme der Heilung aktiviert werden. Der Glaube an einen bestimmten Arzt oder eine bestimmte Arznei verstärkt diese Kraft noch mehr.

Den Beweis dafür finden wir in dem Umstand, dass eine bestimmte Medizin bei dem einen Patienten Wunder wirken kann, während sie bei einem anderen Patienten, der ihr keinen Glauben schenkt, nichts bewirkt. Obwohl die Voraussetzungen fast gleich sind, kann ein und dasselbe Mittel bei einem Kranken, der an die Wirkung des Mittels glaubt, zur völligen Heilung führen, während es bei dem anderen Patienten, der nicht daran glaubt, auch nichts bewirkt.

Auch wenn die Arzneimittelschränke vieler Menschen voller Mixturen sind, welche an Geist und Körper Schaden anrichten, können wir diese Praxis nicht in Bausch und Bogen verurteilen, denn solange die Meisten daran glauben, helfen sie den Betroffenen durchaus. Die Menschen glauben daran, dass gewisse Arzneimittel bei gewissen Krankheiten Abhilfe bringen würden, und deshalb tritt dieses Ergebnis zeitweilig auch ein, da der Körper unsere Einstellungen bestätigt.

Ein Blick zurück zeigt uns, dass die Menschheit an die aberwitzigsten Heilmittel glaubte. Vielleicht hatten sie eine Zeit lang durchaus ihre Berechtigung, aber da der Fortschritt weiterging, erkennen wir rückblickend, wie abergläubisch und absurd manche dieser Vorstellungen waren.

Es ist noch nicht so lange her, dass Tausende von Menschen Kastanien in den Hosentaschen mit sich herumtrugen oder sich durch Eisenringe vor Rheuma zu schützen wähnten. Gerade für Rheuma wurden Hunderte von Mittelchen angeboten, von denen heute niemand mehr spricht. Die Kastanie und der Eisenring hatten ihre Zeit der Popularität und brachten den Leidenden durchaus Erleichterung, aber heute weiß auch der Ungebildeste, dass ihnen keine Heilkraft innewohnt. Die erkrankte Zelle verdankte ihre Heilung dem Glauben an die Wirksamkeit dieser Mittel.

Die Geschichte der Medizin ist zum großen Teil eine Geschichte des Aufstiegs und Niedergangs des Glaubens der Menschen an bestimmte Mittel. Zehntausender dieser Mittel, die den Menschen seinerzeit geholfen haben, sind nun in Vergessenheit geraten, weil niemand mehr daran glaubt. Solange die Menschen an die Wirksamkeit dieser Mittel glaubten, waren sie hilfreich, aber jetzt ist ihre Wirkung verpufft. Alles hing von dem Ruf ab, den ein bestimmtes Arzneimittel genoss.

Dasselbe gilt für Ärzte. Kranke Menschen wollen einen anerkannten Arzt; einen Arzt, an den jeder glaubt, und bereits der Besuch bei einem solchen Arzt wirkt oftmals krankheitslindernd, auch wenn noch kein Rezept ausgeschrieben und keine Arznei eingenommen wurde. Jeder Arzt kennt das weitverbreitete Phänomen, dass sich ein Patient bereits besser fühlt, bevor die Tablette in den Blutkreislauf gelangt sein kann, um eine Wirkung zu entfalten. Ärzte verdanken ihren Erfolg nicht selten dem Glauben, der ihnen – und den von ihnen verordneten Mitteln - von ihren Patienten geschenkt wird.

Das Fundament jeder Heilung und Genesung ist der Glaube. Dies gilt für den physischen Bereich ebenso wie für den psychischen.

Die Religionsgeschichte ist voll von Beispielen von Menschen, die nach dem Besuch einer Pilgerstätte, einer Heilquelle oder nach dem Baden in einem heiligen Fluss geheilt worden sind.


Ein Bekannter von mir erzählte mir von seinem Besuch in Indien. Tausende von Gläubigen warteten am Gangesufer, um in den heiligen Fluss zu steigen. Er sah Zehntausende dieser Leute, viele schwerkrank oder mit offenen Wunden, so eng im Wasser stehen, dass sie sich kaum mehr bewegen konnten. Das Wasser war schmutzig und es schwammen sogar einige Leichen darin umher. Viele dieser Menschen tranken von diesem Wasser.

Viele hatten eine beschwerliche Anreise auf sich genommen. Manche kamen auf Händen und Knien angekrochen. Sie hatten auf dieses Bad im Ganges hingefiebert und zahlreiche Entbehrungen auf sich genommen, um in diese heiligen Gewässer zu können. Ihr Glaube an die Heilkraft war so stark, dass einige bereits im Wasser, das voller Krankheits- und Todeskeime war, geheilt wurden. Dasselbe Wasser hätte anderen Menschen, die nicht an seine Heilkraft glaubten, wahrscheinlich den Tod gebracht.

Für unsere Wellnesszentren und Heilquellen gilt eine ähnliche Geschichte. Der Glaube der Leidenden an die wohltuende Wirkung wirkt manches Wunder.


Ich habe selbst miterlebt, wie in der Johanniskirche von New York während der jährlichen Novena von Sankt Anna mehrere Kranke  geheilt wurden. Die Heilkraft wurde hier einer Reliquie der Heiligen Anna zugeschrieben. Diese Reliquie aus dem Jahre 1892 wurde von einer Kirche in Kanada hergebracht und jedes Jahr neun Tage lang in der Johanniskirche aufbewahrt.

Die Gläubigen strömten in großen Massen herbei, um durch diesen heiligen Knochen, der in Silber und Glas eingelassen war, geheilt zu werden. Die Leute knieten auf den Kommunionsbänken vor dem Schrein der Heiligen Anna, während ein Priester, die Reliquie tragend, durch die Menge schritt. Mit dieser heiligen Reliquie berührte er die erkrankten Körperstellen der Anwesenden. Er berührte zum Beispiel den Kopf, den Arm, das Auge, das Ohr eines Gläubigen, wobei er ein kurzes Gebet murmelt. Der Reliquie werden wunderbare Heilerfolge zugeschrieben, aber die wahre Heilkraft ist ausnahmslos immer der Glaube des Kranken.


Es ist wohlbekannt, dass die Beschwörungen von Naturvölkern, die Zeremonien indianischer Medizinmänner und die unzähligen abergläubischen Riten in vielen Gemeinschaften die Heilung von Krankheiten bewirkt haben.

Aus all dem sehen wir, dass die Ursache für die Heilung nicht der Aberglaube, die Zeremonie, die Reliquie, die Arznei oder der heilige Fluss ist. Die Heilung wird immer durch den Glauben bewirkt. Das ist das Heilungsprinzip, welches vom Urwaldvolk bis zur höchsten Zivilisation gilt.

Der Glaube an den Schrein, an das Wundermittel, an das abergläubische Amulett, an den Arzt, an den Chirurgen, an die Klinik, an ein bestimmtes Heilverfahren setzt die Heilung in Gang.

Der indianische Medizinmann mit seinen grotesken Beschwörungen heilt prozentuell gesehen vielleicht ebenso viele Menschen wie der moderne Arzt. Unzählige Menschen, denen Pillen und Tabletten nicht weitergeholfen haben, sind vor irgendwelchen Schreinen gesundgeworden, weil sie daran geglaubt haben. Sie waren davon überzeugt, dass genau dies ihnen die Heilung bringen würde.

Der Glaube ist das Allheilmittel der Menschheit. Über den Glauben wird das Leben wiederaufgebaut, erschaffen und restauriert. Ohne den Glauben können wir nicht das Geringste bezwecken.

Die Bibel ermahnt uns: „Nach eurem Glauben soll euch geschehen!“ Aus den Gleichnissen erfahren wir, dass den Menschen immer im Verhältnis zu ihrer Glaubensfähigkeit geholfen wurde. Nach einer Wunderheilung nahm Jesus niemals den Heilerfolg für sich in Anspruch. „Dein Glaube hat dich geheilt!“, hieß es ein ums andere Mal.

Die Homöopathen haben enorme Dosierungen beinahe bis zum Nichts verdünnt. Die Ergebnisse scheinen dieselben zu sein. Geistheiler sind sogar noch einen Schritt weitergegangen. Sie arbeiten ausschließlich mit dem Glauben, und auch hier scheint die Erfolgsquote hoch zu sein. Dazu kommt, dass die Heilung dauerhaft zu sein scheint, da sich diese Art der Behandlung an die Wurzel der Krankheit richtet.

Das Heilprinzip liegt im Patienten selbst. Der Geistheiler heilt niemanden. Er erweckt im Kranken lediglich das Heilprinzip. Unabhängig vom Ansatz oder von der Methode ist es immer die göttliche Kraft im Menschen, welche für die Heilung sorgt. Das ist dieselbe Kraft, welche Sie erschaffen hat und welche Ihnen aus Ihren Problemen heraushilft. Es ist dieselbe Kraft, welche einen Knochenbruch oder eine Schnittwunde heilt oder ein kaputtes Gewebe wieder ganz macht.


Wir hören viel vom Heilprinzip des göttlichen Bewusstseins, es handelt sich aber um das göttliche Bewusstsein in Ihnen – nicht außerhalb von Ihnen! Dieses ist für die Heilung verantwortlich. Dieses schöpferische Prinzip wirkt überall in der großen kosmischen Intelligenz, welche alle Verletzungen heilt und Sie wieder gesundmacht. Es handelt sich um dasselbe schöpferische Prinzip, das den Keim in der Eichel entwickelt und ihn zu einer riesigen Eiche heranwachsen lässt. Das ist die Realität im Menschen, unser wahres Sein. Wir leben in Gott.

Je mehr wir uns dieser Wahrheit, dieses Einsseins mit der Allmacht, bewusstwerden, umso mehr ruhen wir in uns. Dies kommt unserem Seelenfrieden und unserer körperlichen Gesundheit gleichermaßen zugute.

Meist erkennen wir die Macht des Denkens nicht, weil wir nicht wahrnehmen, dass wir mit allem, woran wir immer wieder denken, in Kontakt kommen. Auch wenn es sich hier um einen mentalen Kontakt handelt, ist diese Verbindung dennoch real, und sie wirkt sich auf Körper und Geist aus.

Betrachten Sie sich nie als schwach, krank oder unzulänglich. Sehen Sie sich als vollkommen und unsterblich, dann werden Geist und Körper auch entsprechend reagieren.

An bedauerliche Symptome zu denken, sich in Vorstellungen von Schwäche oder Krankheit zu verlieren, ist für die Verwirklichung des Ideals verheerend. Denken Sie bei allem, was Sie betrifft, an Unversehrtheit, Vollkommenheit und Gesundheit.

Auch wenn Ihr momentaner körperlicher Zustand diesem Ideal nicht zu entsprechen scheint, bleiben Sie weiterhin bei diesem Idealbild. Mit der Zeit werden die Schwächen, die Ihrem Fortschritt bislang im Wege standen, das Feld räumen und die göttliche Vorlage in Ihnen wird sich einen Weg bahnen.

Viele Menschen begreifen die dem Heilen auf geistigem Wege zugrundeliegende Wissenschaft nicht und glauben, dass wir damit etwas bekräftigen würden, was nicht stimmt. Welchen Sinn soll es ergeben, sich vorzusagen, dass man gesund sei, wenn der Körper unter Schmerzen leidet oder wir kaum arbeiten können?

Doch auch wenn der Körper geschunden ist, meinen wir mit solchen Affirmationen nicht den Anschein, sondern unsere wahre Realität. Unser wahres Ich kann nicht krank werden, es kann nicht leiden, es kennt keine Disharmonie: es ist göttlich.

Wir sollten uns immer an die Wahrheit unseres Seins wenden, nicht an seine Unwahrheit. Durch die Bekräftigung unseres spirituellen Ideals werden wir immer gottähnlicher. Auf der anderen Seite reißen wir durch die Betrachtung von Krankheiten, und durch die Gewohnheit, diese irrtümlicherweise als unsere Realität zu verstehen, das körperliche Gebäude immer mehr nieder und machen uns für weitere Krankheiten anfälliger.

Bedenken Sie jedoch, dass eine bloße Verneinung noch kein Auslöschen ist. Viele begehen den Fehler, das Schlechte, das sie aus ihrem Leben beseitigen wollen, auf eine Weise zu verneinen, das es noch stärker in das Unterbewusstsein verankert. Bei der Verneinung des Unerwünschten müssen Sie stets die Wahrheit des Gegenteils – das spirituelle Ideal, welches niemals krank ist und niemals krank sein kann - im Bewusstsein haben! Die in jeder Körperzelle vorhandene Intelligenz baut entsprechend der ihr präsentierten Vorlage auf. Deshalb spricht alles dafür, sich stets vollkommene Gesundheit vorzustellen und dieses Ideal vor sich zu haben.

Das ist die wissenschaftlichste Weise des Heilens von jeder körperlichen Disharmonie oder Erkrankung von Körperorganen, da die Zellen in jedem Organ aufgrund ihrer kollektiven Intelligenz von den aus der Zentralstation des Gehirns kommenden Botschaften beeinflusst werden. Diese Zellen reagieren sehr empfindlich auf Ermunterung oder Entmutigung. Sie reagieren rasch auf Hoffnung oder Verzweiflung. Deshalb ist es tragisch, den Körper durch entmutigende Gedanken zu schwächen.

Wenn wir ein ideales Vorstellungsbild von Gesundheit aufbauen, stellen wir uns nicht die menschliche Seite vor. Wir halten das Ideal des göttlichen Selbsts, des vollkommenen Selbsts, des Teils, der niemals geboren wurde und der niemals sterben wird, aufrecht. Das ist unsere Vorlage, nach der wir uns in jedem Fall richten.

Sie müssen sich immer wieder vorsagen: „Ich bin gesund! Ich bin kräftig! Ich habe die Kraft, alle Schwächen zu überwinden! Meine Gesundheit beruht auf dem Bewusstsein von der Wahrheit meines Seins. Dieses kennt weder Schwächen, Krankheiten noch Verfall.“

Falls Sie Ihr gesamtes Wesen vom Ideal der Gesundheit durchtränken; falls Sie an Gesundheit denken, von Gesundheit ausgehen, über Gesundheit reden und daran glauben, dass Sie immer stark und gesund sein werden, weil dies Ihr Geburtsrecht ist, wird Ihr Magnetismus sogar auf andere heilend wirken. Sie werden vorleben, dass die Macht des göttlichen Bewusstseins stärker als jede Krankheit ist!

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