Das Geheimnis des Erfolgs
von William Walker Atkinson




Persönlicher Magnetismus

Über persönlichen Magnetismus hören wir in letzter Zeit ziemlich viel. Es handelt sich um eine besondere Eigenschaft im geistigen Bereich des Menschen, die andere Menschen in eine Stimmung oder einen Geisteszustand bringt, der mit der magnetischen Person mitschwingt.

Es gibt Menschen, die diese Eigenschaft auf hervorrragende Weise ausgebildet haben. Diese Personen können sich in kürzester Zeit mit anderen in eine harmonische Übereinstimmung bringen, während sie anderen Leuten völlig abzugehen scheint und ihre Gegenwart nur Widerwillen hervorruft.

Die meisten Menschen akzeptieren die Idee des persönlichen Magnetismus und hinterfragen sie nicht weiter. Aber nur wenige werden sich über eine Theorie einig sein, die eine Erklärung liefert.

Menschen, die sich dieses Themas eingehend angenommen haben, wissen, dass dies von den Geisteszuständen des Einzelnen und auch von seiner Fähigkeit, bei anderen das Aufnehmen seiner geistigen Schwingungen auszulösen, abhängt. Dieses Aufnehmen geschieht über die so genannte geistige Induktion. Induktion ist bekanntermaßen die „Eigenschaft oder der Prozess, über welchen ein Körper mit einer elektrischen oder magnetischen Polarität dieselbe in einem anderen auslöst, ohne dass ein direkter Kontakt zustandegekommen ist.“

Eine geistige Induktion ist eine Manifestion eines ähnlichen Phänomens auf der geistigen Ebene. Die Geisteszustände der Menschen sind „ansteckend“ und wenn jemand genügend Leben und Begeisterung in seine Geisteszustände einbringt, wirkt sich das geistig auf andere Menschen aus, mit denen er in Kontakt gelangt. Unseres Erachtens ist der Hauptfaktor für eine erfolgreiche geistige Induktion oder für Manifestationen des persönlichen Magnetismus die Begeisterung.

In einer anderen Lektion dieses Büchleins haben Sie bereits etwas über die Begeisterung erfahren, und wenn Sie an den persönlichen Magnetismus denken, wird es Ihnen helfen, sich das an der dortigen Stelle Gesagte nochmals vor Augen zu führen.

Die Begeisterung verleiht dem Menschen Ernsthaftigkeit, ein äußerst effektiver Geisteszustand. Die Ernsthaftigkeit ist deutlich spürbar und sorgt häufig dafür, dass man auf jemanden gerade deshalb aufmerksam wird. Walter D. Moody, ein bekannter Autor von Werken über die Kunst des Verkaufens, bringt dies folgendermaßen zum Ausdruck:

„Es ist festzustellen, dass alle, die einen persönlichen Magnetismus aussrahlen, sehr ernsthafte Menschen sind. Die intensive Ernsthaftigkeit dieser Leute wirkt magnetisch“. Diese Meinung wird von vielen getragen. Bei der Ernsthaftigkeit muss es sich jedoch um mehr handeln, als nur um einen festen und zuversichtlichen Glauben an das Vorgestellte oder Vorgebrachte. Es muss sich um eine lebendige und ansteckende Ernsthaftigkeit handeln, die sich am besten als Begeisterung beschreiben lässt. Um eine begeisterte Ernsthaftigkeit!

Diese begeisterte Ernsthaftigkeit ist sehr gefühlvoll. Sie wendet sich an die emotionale Seite der menschlichen Natur und nicht so sehr an das Denken oder an die Logik. Ein auf Vernunft und logischen Prinzipien basierendes Argument kann mit begeisterter Ernsthaftigkeit wesentlich wirkungsvoller vorgetragen werden, als nur auf eine nüchtere und unemotionale Weise. Der Durchschnittsmensch ist geistig so konstiuiert, dass er angesichts eines lebhaften und begeisterten Gefühls, angesichts eines persönlichen Magnetismus, wegschmilzt. Die Gefühlsseite ist ebenso wichtig wie die gedankliche Seite. Es ist relativ häufig, dass Menschen wenig denken, während jeder etwas „fühlt“.

Dazu ein Schriftsteller des letzten Jahrhunderts: „Wir alle geben eine Sphäre, eine Aura, ab, die mit unserer ureigenen Essenz imprägniert ist. Der Feinfühlige weiß das, auch unsere Hunde und andere Haustiere wissen es. Der hungrige Löwe oder Tiger weiß es ebenfalls. Sogar Fliegen, Schlangen und Insekten wissen es.“

Einige sind magnetisch – andere nicht. Manche Menschen sind warm, attraktiv und strömen Liebe und Freundschaft aus, während andere kühl, logisch und vernünftig, aber nicht magnetisch, sind. Wenn sich jemand aus der letztgenannten Gruppe an ein Publikum wendet, wird er seine Zuhörerschaft bald ermüden und seine verstandesmäßigen Ausführungen werden Gähnen auslösen. Er spricht zu ihnen, aber nicht in sie hinein. Er löst einen Denk-, aber keinen Gefühlsprozess aus.

Für die meisten Leute ist das sehr anstrengend und nur wenigen Sprechern, die sich auf der Seite des Denkens beschränken, ist der Erfolg beschieden.

Die Leute zahlen großzügig, wenn man sie zum Fühlen und zum Lachen bringt, während sie um jeden Cent knausern, wenn sie mitdenken sollen. Wenn statt des soeben beschriebenen Redners ein nur halb so gebildeter, aber sehr gütiger und reifer Mann auf die Bühne steigt, kann dieser mit neun Zehnteln der Logik und Gelehrsamkeit des Erstgenannten die Menge zu Begeisterungstürmen hinreißen und jeder ist hellwach und lauscht aufmerksam den Worten, die der Redner von sich gibt.

Der Grund liegt auf der Hand. Es geht um Herz gegen Kopf, Seele gegen Verstand. Der Ausgang ist jedes Mal vorhersehbar.

Den Menschen, der als er „magnetischste“ gilt, werden Sie nicht übersehen können. Sie werden feststellen, dass es immer Leute sind, denen man die „Seele“ anmerkt; diese Leute lösen ein Gefühl aus. Sie zeigen einen Charakterzug und ein Wesen, wie es bei Schauspielern häufig anzutreffen ist. Sie geben einen Teil von sich nach außen und dieser Teil scheint andere Menschen, die mit ihnen in Kontakt gelangen, zu beeinflussen.

Sehen Sie sich einen nichtmagnetischen Schauspieler an. Auch wenn dieser seine Rolle tadellos beherrscht und sich das fachliche Können angeeignet hat, wenn er die Gesten und anderen Details richtig einsetzt, fehlt ihm doch das „gewisse Etwas“. Dieses Etwas, das ein Gefühl vermittelt.

Nun wissen die Eingeweihten sehr wohl, dass viele der erfolgreichen Schauspieler, die auf der Bühne voller Inbrust und Gefühl zu sein scheinen, bei der Schauspielerei nur wenig davon verspüren; sie sind wie Phonographen, die lediglich die aufgezeichneten Laute abgeben. Als diese Personen ihre Rollen einstudierten, induzierten sie sich das von der Rolle verlangte Gefühl und verankerten es in ihrem Denken, gaben die entsprechenden Gesten und dergleichen hinzu, bis sie auch diese „drin“ hatten, um sie dann bei Bedarf wieder abzuspulen. Dann spielten sie ihre Rolle, das äußere Scheinbild ihrer Gefühle, und reproduzierten das Angelernte.

Man sagt, dass das Ergebnis nicht so vorteilhaft sei, wenn sich ein Schauspieler tatsächlich von seiner Rolle mitreißen ließe, da das Gefühl und seine Auswirkungen dann auf ihn abfärbten, statt auf das Publikum. Den Fachkreisen nach wird das beste Ergebnis erzielt, wenn man zunächst selbst das Gefühl durchlebt hat und es dann in der obigen Weise reproduziert, ohne dass dem Gefühl die Kontrolle zuerkannt würde.

Diese Ausführungen mögen jenen dienen, die nicht von Natur aus über einen persönlichen Magnetismus oder das gebotene Maß verfügen. Für solche Menschen kann es hilfreich sein, das gewünschte Gefühl der begeisterten Ernsthaftigkeit im privaten Kämmerlein einzuüben und sich den geistigen Eindruck durch häufiges privates Üben solange einzuprägen, bis er zur Gewohnheit wird, die dann bei Bedarf reproduziert werden kann.

Seien Sie ein guter Schauspieler, das ist der Rat, der für solche Fälle gilt. Und denken Sie auch daran, dass gute Schauspieler viel proben und üben.

Gefühle und Begeisterung auf diese Weise heraufzurufen, ist immer noch besser als völlig darauf zu verzichten. Man kann durchaus rational eine begeisterte Ernsthaftigkeit an den Tag legen, ohne von Gefühlsduselei erfüllt zu sein. Wir denken, dass dieser Punkt nicht missverstanden werden dürfte. Bedenken Sie auch, dass eine gewünschte Eigenschaft durch häufiges Einüben mit der Zeit real und „natürlich“ werden kann.